Info zum Zugunglück von Schrozberg am 11. Juni 2003:

 

Bei dem schweren Unfall starben damals die beiden Lokführer und eine Mutter mit ihren drei Kindern, 25 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Ein Triebwagen der Baureihe 628 (RE 19533) von Wertheim kommend fuhr mit Steuerwagen voraus von Niederstetten in Richtung Schrozberg. In Schrozberg ist planmäßig die Zugkreuzung mit dem RE 19534 vorgesehen. Dieser Zug war am 11.6.03 mit der Diesellok 218 285-5 bespannt. Der Triebwagen hat in Schrozberg um 11.59 Uhr planmäßig Abfahrt in Richtung Crailsheim, während der mit der Diesellok geführte RE in Richtung Niederstetten/Wertheim zwei Minuten später - also nach dem Eintreffen des Triebwagens in Schrozberg - erst um 12.01 Uhr Abfahrt gehabt hätte. Der Triebwagen fährt normalerweise auf Gleis 1 in Schrozberg ein, während der Gegenzug auf Gleis 2 wartet.

Warum fuhr der Lokführer des RE 19534 vorzeitig los, obwohl der Triebwagen noch nicht auf Gleis 1 angekommen war?

Signalanlage Schrozberg

War das Ersatzsignal (Pfeil) der Auslöser für das schwere Zugunglück?

Bedeutung des Ersatzsignals Zs1: Wenn das Signal Zs1 drei weiße Lichter in Form eines "A" zeigt, darf am Halt zeigenden oder gestörten Hauptsignal ohne schriftlichen Befehl vorbeigefahren werden. Das Ersatzsignal wird vom Fahrdienstleiter gegeben und erlischt nach 30 Sekunden wieder.

 

Einfahrt in Schrozberg:

So wie auf dem am 27. Juni 2003 zur gleichen Uhrzeit aufgenommenen Bild, sollte auch der Unglückstriebwagen aus Niederstetten einfahren, doch noch vor der Kurve im Hintergrund kam im die Diesellok mit ihrem Regionalexpress aus Crailsheim entgegen.

Einfahrt Schrozberg

 

Verhängnisvoll war, dass der Triebwagen mit dem Steuerwagen voraus fuhr, so wurde der Führerstand mit dem Fahrradabteil zusammengequetscht - von vorne kam die Diesellok und von hinten schob der Motorteil des Triebwagens. Die Diesellok wurde aus den Schienen geschleudert und stürzte nach rechts die Böschung hinunter, wo sie etwa 30 Meter vom Gleis entfernt und 8 Meter tiefer zu liegen kam.

 

Steuerwagen Schrozberg

 

Das Bild zeigt deutlich mit welcher Kraft der motorisierte Teil des Triebwagens auf den Steuerwagen nachgeschoben hat, und sogar den Übergang zwischen beiden Triebwagenteilen nach unten gedrückt hat. Das Mittelstück des Steuerwagens muss im Augenblick des Aufpralls mindestens einen Meter über die Schienenoberkante gehoben worden sein, da auch der Führerstand mit dem Fahrradabteil von vorne durch die Diesellok unter das Mittelteil des Steuerwagens geschoben wurde.

Unfallkarte Schrozberg

Am 15. Juni 2005 wurde das Urteil vor dem Langericht Ellwangen verkündet. Der Sachverständige des Eisenbahnbundesamtes sah einen "massiven Eingriff in den Eisenbahnverkehr", wenn Fahrdienstleiter Züge abfahren lassen, obwohl Hauptsignale nicht geöffnet sind. Deshalb waren seiner Ansicht nach auch beide Fahrdienstleiter zu beschuldigen, der Niederstettener FDL hätte nach einem Signaldefekt auch seinem Zug keine Ausfahrt geben dürfen. Der Schrozberger FDL dagegen hatte bereits einen aus Niederstetten kommenden und in Richtung Crailsheim kurz vorher durchgefahrenen Güterzug mit dem RE 15933 verwechselt. Warum nun der Schrozberger FDL seinen RE 19534, der von einer 218er gezogen wurde, ausfahren ließ, obwohl RE 19533 aus Niederstetten noch nicht im Bahnhof stand, war nicht nachvollziehbar. Nach Ansicht des Staatsanwaltes muss der 28-jährige FDL einen "kompletten Aussetzer" gehabt haben.

Auf die Frage, ob das Unglück zu verhindern gewesen wäre, wenn ein entsprechender Funkkontakt hätte hergestellt werden können, ist meiner Meinung nach eher zweifelhaft. Bei einer so geringen Anhängelast des RE 19534 an einer 218er, wäre die Beschleunigung schon zu hoch gewesen, zumal die Ausfahrt in einer Gefällstrecke liegt. Bezieht man noch den Weg ein, den ein FDL vom Bahnsteig bis zum Funkgerät im FDL-Raum zurücklegen muss, einschließlich der Schrecksekunde, so wäre der Bremsweg in diesem Fall viel zu kurz gewesen. Dazu wäre dann auch noch die Reaktionszeit der beiden Lokführer hinzuzurechnen. Eventuell wäre die Aufprallgeschwindigkeit geringer gewesen. Es ist unzweifelhaft, dass eine entsprechende Funkausrüstung ein Sicherheitspotential darstellt, aber ob das Unglück in diesem speziellen Fall zu verhindern gewesen wäre, ist nach den von mir vorhergend angeführten Gründen eher unwahrscheinlich.

Die Funkausrüstung der Triebfahrzeuge müsste so gestaltet sein, dass der Triebfahrzeugführer der 218er bereits den Status der Abfahrt seines Kollegen in Niederstetten im Display seiner Lok direkt angezeigt bekommen hätte. Ähnlicher Ablauf ist schon seit ein paar Jahren im Funkbetrieb bei Rettungsleitstellen zwischen den Leitstellen und den Rettungsfahrzeugen üblich. Hier hat die Deutsche Bahn erheblichen Nachholbedarf.

 

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