Dritter Teil oder "Ende des Fahrkartenverkaufes"

Die Fränkische Landeszeitung berichtete am 30. Dezember 1995:Der Dinkelsbühler Schalter

"Lokales"

Durch "technische Verbesserungen" wird der Fahrdienstleiter im neuen Jahr überflüssig

Dinkelsbühler Bahnhof wurde zugesperrt.

Reisebüro übernimmt Fahrkartenverkauf - Uhr am Bahnhofsgebäude soll abmontiert werden

DINKELSBÜHL (pit) - Die Bahn sagt leise Servus: Zu Weihnachten, nach anderen Informationen zum Jahresende, wurde oder wird der Bahnhof endgültig von der Bahn AG zugesperrt. Nach der Einstellung des Personenzugverkehrs vor zehn Jahren wird damit ein weiteres Kapitel Bahngeschichte in Dinkelsbühl geschlossen.

Obwohl seit einem Jahrzehnt kein regulärer Personenzugverkehr mehr auf der Strecke Nördlingen-Dombühl stattfindet, konnten bisher im Bahnhof Dinkelsbühl noch werktags Fahrkarten gekauft werden. Dieser Service hatte einen praktischen Hintergrund: Der diensttuende Bahnbeamte bediente gleichzeitig Weichen und Signale für den täglichen Güterzug. Nachdem die Weichen auf Handbetrieb um- und die Signale abgebaut wurden, zieht die Bahn ihren letzten Beamten vom Bahnhof ab.
In einer Pressemitteilung der Bahn heißt dieser Vorgang: "Durch verbesserte Technik ist die örtliche Bedienung der Signale beim Bahnhof Dinkelsbühl - und dadurch auch die Anwesenheit eines Fahrdienstleiters - mit Ablauf des 29. Dezember 1995 nicht mehr erforderlich. Aus personalwirtschaftlichen Gründen wird zum gleichen Zeitpunkt der Fahrscheinverkauf beim Bahnhof Dinkelsbühl eingestellt."
Weitere "Bahngeschichten" gefällig? An der Bahnhofstür verkündete ein Schild folgende Information: "Bf. Dinkelsbühl ab 23.12.95 geschlossen - Nähere Informationen am Schalter".
Von höherer Stelle wird mitgeteilt, daß der Bahnhof zum 29. Dezember geschlossen wird. Wie man zwischen dem 23. und 29. Dezember am geschlossenen Schalter noch "nähere Informationen" erhalten kann, bleibt ein Geheimnis der Bahn.

Wer trotz allem noch mit der Bahn fahren möchte, der kann weiterhin Fahrkarten in Dinkelsbühl kaufen. Diese Aufgabe übernimmt ab 2. Januar ein Reisebüro im Einkaufszentrum gegenüber des Bahnhofs an der Luitpoldstraße, sogar mit einer Angebotsverbesserung: Fahrkarten gibt es Werktags bis 18 Uhr und sogar am Samstag von 9 bis 12 Uhr. Daß diese Lösung zustande gekommen ist, freut Bürgermeister Dr. Jürgen Walchshöfer, obwohl auch die Stadt verhandelt hat. Er hätte die Fahrkarten gerne vom Verkehrsamt verkaufen lassen, berichtete der Bürgermeister. Nach eingehender Prüfung sei man aber zu dem Ergebnis gekommen, daß sich dies nicht rechne. Für den Aufwand bei handschriftlicher Fahrkartenausgabe sowie Reisezugauskünften - eine computerunterstützte Lösung gibt es erst für höhere Umsätze - sei die Provisionseinnahme zu gering, so Dr. Walchshöfer. Hinzu komme das Haftungsproblem bei fal-schen Auskünften oder Fahrpreisberechnungen.

Telefonisch bestellen
Um an Fahrkarten zu kommen, gibt es einen weiteren Weg, wobei erneut die derzeitigen Koordinationsprobleme der Bahn deutlich werden: Am Bahnhof Dinkelsbühl wurde mit einem Aushang für die Reisezugauskunft in Crailsheim geworben. Dort können unter Telefon 07951/19419 telefonisch Karten bestellt werden. Die Fürther Bahnkollegen halten in ihrer Pressemitteilung dagegen: Fahrkarten können in Ansbach unter Telefon 0981/5 23 78 bestellt werden. Beides ist richtig.
Die Schließung des Bahnhofs hat nach Ansicht von Bürgermeister Dr. Walchshöfer keine direkten Auswirkungen auf die Planung, auf der Bahnstrecke wieder einen Personenzugverkehr laufen zu lassen. Wenn dieser Personenverkehr wieder eingeführt werde, dann stelle er sich allerdings auch einen Bahnhof mit einem Wartesaal und eventuell einem Zeitungsstand vor, für die Fahrkarten im Nahbereich könnte ein Automat aufgestellt werden. Für diesen Fall ist die Bahn AG offenbar auch noch zurückhaltend, was einen Verkauf des Bahnhofsgebäudes anbetrifft.

Abwarten
Nach Auskunft der Bahn in Donauwörth werde derzeit abgewartet, was sich auf der Bahnstrecke tue. Andernfalls könnte es passieren, daß der eine Bahngeschäftsbereich einen Bahnhof verkauft, den der andere Geschäftsbereich noch benötig.
In einem Punkt ist die Stadt Dinkelsbühl allerdings doch von der Schließung des Bahnhofs betroffen. Voraussichtlich wird die Bahn ihre Uhr am Bahnhof abmontieren. Denn, so der Bahnbeamte in Donauwörth, warum sollte die Bahn noch in eine Funksteuerung investieren? Eine funktionierende Uhr am Bahnhof ist aber dennoch notwendig, nachdem die Stadt dort ihren Busbahnhof gebaut hat. Nach Ansicht der Bahn fällt es in die Zuständigkeit der Stadt, den Busreisenden mitzuteilen, was die Uhr geschlagen hat. Für die Bahn jedenfalls bleibt die Zeit am Bahnhof im neuen Jahr stehen."

 

Der Feuchtwanger SchalterAm 24.11.1995 war bereits der Bahnhof Feuchtwangen an der Reihe - ab diesem Zeitpunkt wurde Feuchtwangen nur noch als sogenannte Anschlussstelle für den Güterverkehr geführt. Somit gab es in Feuchtwangen keine Zugmeldestelle bzw. keinen Fahrdienstleiter mehr, ab sofort musste der Rangierleiter des Güterzuges selbst die Schranken schließen - die Schranke am Mosbacher Weg wurde sogar noch mit einer Überwachungskamera ausgestattet. Die Signale und Weichen wurden nun auch nicht mehr vom Bahnhofsgebäude aus fernbedient.

 

 

 

 

 

 

 

 

zurück zur  Seite "Eine fast vergessene Eisenbahnstrecke - Dombühl/Dinkelsbühl/Nördlingen"1öffnen